Auf den ersten Blick sieht es gut aus für NRW. Die Bevölkerungszahl sinkt nicht. Sie wird stabil bei 18 Millionen Einwohnern erwartet, obwohl die Geburtenrate niedrig ist. Doch wer wird dann leben? Die Zahl derer, die schon aus dem Arbeitsleben mit 67 Jahren ausgeschieden sind, wird von 30% auf 42 % steigen. Man könnte angesichts dieser Zahlen schon das Karnevalslied „Wer soll das bezahlen?“ anstimmen, doch es wird noch problematischer, wenn man weiß, dass das nur Durchschnittswerte sind. In vielen ländlichen Gemeinden, wie auch in Brilon, wird die Bevölkerungszahl sogar sinken – und zwar um ca. 10% und der Anteil der Alten wird fast 50% erreichen.
Ach ja, die WP (15.10.2025) hat sich die Statistik des Landesamtes NRW auch angesehen, aber eine wichtige Annahme übersehen: Die diesen Zahlen unterstellte Netto-Zuwanderung aus dem Ausland nach NRW wird mit mindestens jährlich 55.000 Menschen veranschlagt. Also bis 2050 über 1,3 Mio. Zuwanderungen.
Und da sorgt sich unser Kanzler, seinem CSU-Kollegen Söder folgend, um das „Stadtbild“. Eher bietet er sein sauerländisches „Weltbild“. Ihn stören die anders als er selbst Aussehenden – unabhängig davon, ob mit oder ohne deutsche Staatsbürgerschaft, unabhängig davon, ob Studierende oder Geschäftsleute, ob Fabrikarbeiterinnen oder Rentner. Zur Reinigung seines Gesichtsfeldes verspricht er sich viel von mitternächtlichen Abschiebungen – auch von Berufstätigen und in den Schulen integrierte Kinder wie kürzlich im HSK. (So reißt man eine Brandmauer ein. Kürzlich beim Bürgerdialog in Meschede sagte Merz, dass eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht in Frage komme, solange er Vorsitzender sei. Und wenn er es nicht mehr ist?) Der Kanzler sollte sich lieber um die schon monatelang auf ein Visum wartenden indischen Schüler des Pflegekollegs Winterberg kümmern, die schon Sprachkurse absolviert und die Zustimmung der Arbeitsagentur haben. (WP vom 16.10.25) Was nützt ein Altenheim, wenn kein Personal vorhanden ist? Diese Sorge hat unser Kanzler für seinen Lebensabend offensichtlich nicht. Mich freut das Foto in der WP vom 20.10.2025, das 21 Frauen und Männer zeigt, die die generalistische Ausbildung als Pflegekraft am Bildungszentrum für Gesundheitsberufe Brilon absolvieren. Über die Hälfte stellt eine Erweiterung des Briloner Stadtbildes dar, was nicht in das Weltbild unseres Kanzlers passt.
Ausgewählte Meinungen zum „Stadtbild“
Der Chef des CDU-Sozialflügels, Dennis Radtke, fordert in der Debatte um Äußerungen über „Stadtbild“ und Migration einen anderen Stil von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). „Natürlich haben wir an vielen Stellen ein verstörendes Stadtbild, aber zu suggerieren, dies würde sich durch Abschiebungen ändern, ist zu kurz gesprungen, erweckt unerfüllbare Erwartungen und wird der Komplexität des Problems nicht gerecht“, sagte Radtke den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Radtke sagte auch: „Probleme wie Drogensucht, Obdachlosigkeit oder Mackertum bei Jugendlichen lassen sich nicht abschieben, sondern müssen angepackt werden.“ Die beste Strategie gegen die AfD sei Politik, die Probleme löst, Versprechen einhalte und in der Kommunikation ebenso klar wie empathisch sei, meinte Radtke.
Die FAZ sprach am 22.10.2025 in einem Podcast vom „rhetorischen Wettlauf mit der AfD“, den – so meine ich – die CDU/CSU nicht gewinnen kann, da er die AfD akzeptabler erscheinen lässt. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung urteilte: Merz „jüngste Äußerungen verschärfen die gesellschaftliche Polarisierung und richten einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden an.“ Armin Laschet (CDU): „zu nebulös“. Ein Karikaturist: „Flapsigkeit“, und die WP spricht vom „Raunen“ des Kanzlers.
https://www.it.nrw/bevoelkerungsvorausberechnung-fuer-nrw-rueckgang-der-einwohnerzahl-klein-und-mittelstaedten – eingesehen am 18.10.2025
https://www.faz.net/aktuell/politik/bundestagswahl/liveblog-bundespolitik-stadtbild-debatte-cdu-sozialfluegel-kritisiert-merz-110093143.html – eingesehen am 21.10.2025
Rheinische Post vom 23.10.2025